Bizarre Felsformationen, grandiose Ausblicke und – Asphalt…


Orangerotes Habichtskraut10.06.12: Auch am nächsten Tag geht es wieder von Bad Harzburg aus los. Diesmal in „die andere Richtung“ – zunächst der Papenbergstraße bis an den Stadtrand folgend, dann immer am Stadtrand – oder am Fuß des waldigen Papenbergs – entlang, der seinen Namen laut eines Hinweisschilds wegen der früheren Nutzung durch den „Pfaffen“ der „Burghagenkapelle“ bekommen hat. Einem Wegweiser, der Richtung „Café Winwuk“ zeigt und von der größeren Straße, die zur Kästestraße wird, abzweigt, muß unbedingt Folge geleistet werden, wenn man das erste Ziel dieser Wanderung, den Elfenstein, erreichen möchte. Auf der Waldstraße geht es noch längere Zeit am Ortsrand entlang, bis eine Straße „Am Elfenstein“ den Weg kreuzt.

Dieser Straße folge ich hinauf, vorbei an den letzten Wohnhäusern, dann endlich ganz hinein in den Wald. Auf breiter, geschotterter Forststraße folgt ein ziemlich steiler Anstieg, der aber kurz vor dem Elfenstein mit einer wunderschönen Aussicht über Bad Harzburg belohnt wird: das „Harzburger Fenster“ läd zu einer ersten Verschnaufpause ein, die man bei warmem Wetter wie am heutigen Tag auch ganz gut gebrauchen kann. Ein winziger Hinweisstein zeigt auf einen schmalen Pfad, auf dem es weiter bergan zum Elfenstein geht, der sich mitten im Wald in bizarren Formen erhebt. Sein Name weist auf eine „Anderswelt“ hin, und von manchen Menschen werden dem Elfenstein besondere Kräfte zugewiesen, als sei er tatsächlich ein Tor zur Anderswelt. An diesem Frühsommertag jedenfalls ist davon nichts zu spüren, die Aussicht ist weit weniger bezaubernd als die weiter unten am Harzburger Fenster, und an bizarren Steinen hat der Harz so einiges zu bieten, darunter auch viele, die in mir einen ganz anderen Eindruck „andersweltiger Kräfte“ hinterlassen haben: so etwa die Wolfswarte, der Achtermann, Zeterklippen, Hohneklippen, Leistenklippen und Trudenstein. Kurz gesagt, der Elfenstein ist nett, aber kein unbedingtes Muß bei einem Harzbesuch.

Elfenstein

Am Elfenstein vorbei führt der Pfad und mündet in die Forststraße 50 C ein, die ich nun, unterwegs zum nächsten Ziel, bergan wandere. Auch diese ist nur eine normale Forststraße, der Wald vermittelt keineswegs das besondere „Harzgefühl“ des Hochharzes, sondern man könnte so in jedem beliebigen Wald wandern. Einzig die Blumen am Wegesrand sind für botanisch Interessiert mehr als einen Blick wert: ich finde Orangerotes Habichtskraut, große Ansammlungen von wunderbar blauen Lupinen, weißen Margeriten und dazwischen auch einheimischen Orchideen, wohl eine Knabenkrautart. Leider sind die heimischen Orchideen bei mir – noch? – ein weißer Fleck in meinen botanischen Kenntnissen, so daß ich die genaue Art nicht bestimmen kann. Recherche im Netz läßt mich vermuten, es handle sich dabei um das Gefleckte Knabenkraut. Bei all dem Schauen und Fotografieren komme ich nur langsam voran, aber das ist ein Teil der Faszination, die dem Alleingang innewohnt: man kann sich Zeit lassen für die Blumen, keiner drängt, keinem wird zu langweilig, während ich meine Zeit an die Pflanzen hingebe.

heimische Orchidee

Die Forststraße trifft sich nach einiger Zeit mit der Kästestraße, die von Bad Harzburg auf direktem Wege hierherführt, und ihr folge ich nun weiter: mein Ziel sind die Felsen zwischen Oker und Romkerhall. Leider ist die Kästestraße beinahe durchgehend asphaltiert; meine Schwester war ein oder zwei Wochen vor mir hier gegangen und hat mich frecherweise nicht vorgewarnt. So verbringe ich Stunden auf Asphalt, nur die Blumen und Vögel am Wegesrand bieten eine willkommene Abwechslung. Schließlich ist die Kreuzung erreicht, an der sich eine Bushaltstellte für das Gasthaus an den Kästeklippen befindet. Ich gehe jedoch nicht nach links zum Kästehaus, sondern folge einer weiteren, geschotterten Forststraße nach rechts und bergab, bis, nun wieder nach links abzweigend, ein schmalerer Weg zum Treppenstein abzweigt.

TreppensteinDer Treppenstein wiederum ist wieder sehr viel spektakulärer: er steht nicht mitten im Wald, sondern erhebt sich aus der Landschaft heraus nach oben. An feuchten Tagen kann man Feuersalamander beobachten, die über die bemoosten Steine wandern, heute jedoch ist es zu trocken: sie halten sich verborgen. Unternehmungslustige Hunde läßt man hier besser am Fuß des Treppensteins zurück; als ich vor Jahren hier schon einmal mit meinem damals noch jungen Labrador unterwegs war, balancierte er unversehens jenseits des Geländers an der äußersten Kante der Felsen herum, daß mir schon Himmelangst wurde, er könnte abstürzen: ihn zurückzurufen wagte ich nicht, aus Angst, ihn dabei zu erschrecken; zum Glück war er trittsicher genug und kam unversehrt wieder am Fuß des Felsens an. Der Treppenstein ist nicht allein von Natur geformt worden, sondern soll in heidnischer Zeit bereits angelegt worden sein: auf seinem Fels bilden alte Stufen angeblich den Weg zu einem Opferaltar (1), andere Quellen im Netz sprechen von einer mittelalterlichen Burganlage (2).

MausefalleAuf schönem Wanderweg geht es jetzt hoch über dem Okertal entlang durch lichten Wald, bis zu einer Kreuzung, an der ein Weg von Romkerhall zu den Kästeklippen hinaufführt. Nach Romkerhall hinuntersteigen möchte ich nicht; ich gehe nun auf steilem Pfad bergan. Rechts und links des Wegs liegen bereits Schutt- und Geröllfelder aus bizarren Granitsteinen; schließlich ist ein großer Teil des Anstiegs geschafft, und die Feigenbaumklippen erheben sich zu meiner Rechten. Über diese bizarren Felsformationen aus Wollsackverwitterung hinweg kann man zu einer Aussichtskanzel kraxeln, die wunderschöne Blick über die Harzwälder, das Okertal und die aus den Wäldern herausragenden Felsformationen erlaubt.
Nicht weit entfernt folgt auf die Feigenbaumklippen die auf natürlichem Weg entstandene Felsformation der Mausefalle: man möchte definitiv nicht Maus sein, wenn diese zuschnappt!

Weiter bergan gehend passiere ich noch die „Hexenküche“, eine weitere Felsformation, auf der sich einige Kletterer tummeln – dann habe ich das Kästehaus erreicht, von dem nur noch wenige Meter bergan zu den Kästeklippen führen. Hier befindet sich eine große Aussichtsplattform mit weitem Blick über das Okertal; ein bizarrer, überhängender Felsen wird als „der Alte vom Berge“ beschrieben (3). Auch hier wird gemutmaßt, daß die Klippen einst ein Ort kultischer Handlungen gewesen sind (4).

Nun gibt es noch eine ganz große Seltenheit zu entdecken: den Wetterstein!

„Wenn man den Stein nicht sieht, ist starker Nebel.
Wenn der Stein Schatten wirft, scheint die Sonne.
Wenn der Stein naß ist, regnet es.
Wenn der Stein weiß ist, schneit es.
Wenn sich der Stein hin und her bewegt, stürmt es.
Wenn der Stein rauf und runter geht, ist ein Erdbeben.
Wenn der Stein nach oben zeigt, geht die Welt unter.
Wenn der Stein weg ist, wurde er geklaut!!“
(5)

Nach dieser unerhörten Erkenntnis und all diesen Felsen-, Wald- und Talausblicken gestaltet sich der Rückweg leider sehr unspektakulär: er führt auf der Kästestraße bis nach Bad Harzburg, größtenteils auf Asphalt. Trotz der Ausblicke kann man daher feststellen, daß diese Wanderung, so gegangen, nicht empfehlenswert ist. Zu den Felsformationen sollte man daher besser von Oker aus aufsteigen (geschotterte Forststraßen, sehr viel angenehmer zu gehen als die Asphaltstraße von Bad Harzburg her) oder aber in Romkerhall parken und den kürzeren sehr steilen Anstieg, dafür auf schöneren Wegen, in Kauf nehmen.

Das Ende der Wanderung bildet der Luchsbrunnen im Kurpark von Bad Harzburg.

Luchsbrunnen


(1) http://www.harzer-wandernadel.de/home/stempelstellen_details.php?id=117, abgerufen am 27.10.12 und http://www.harzlife.de/extra/treppenstein.html, abgerufen am 27.10.12, http://www.grenzlicht.de/Treppenstein.html, abgerufen am 27.10.12
(2) http://www.ausflugsziele-harz.de/ausflugsziele-sehenswertes/natur-nationalpark/treppenstein-okertal.htm, abgerufen am 27.10.12
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%A4steklippen, abgerufen am 27.10.12, und http://www.hgstump.de/kaesteklippen.htm, abgerufen am 27.10.12
(4) http://www.harzlife.de/tip/kaesteklippe.html, abgerufen am 27.10.12
(5) Tafel am Kästehaus

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