Karstfahrt – Tag 1 – Von Pölsfeld bis Wettelrode


Hain-Wachtelweizen

Hain-Wachtelweizen

01.07.2012 – Eine einwöchige Fahrt im Sommer, so viel gemeinsamer Urlaub sollte auch für Berufstätige drin sind, auch, wenn eine Fahrt nicht von „langer Hand geplant“ wurde. Und so fanden wir uns Anfang Juli zu viert zusammen. Wohin? Eine Woche ist schnell vorbei, und so wurden alle Pläne verworfen, die eine mindestens ganztätige Anreise erfordert hätten: unser Ziel wurde der Karstwanderweg am Rand des Südharzes, der die drei Bundesländer Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen streift. Unser Plan war, den Karstwanderweg von Ost nach West zu gehen, also in Pölsfeld im Mansfelder Land/ Sachsen-Anhalt zu starten und nach einer Woche in Osterode/ Niedersachsen anzukommen – das wäre eine Strecke von 140 km gewesen (faktisch geschafft haben wir dann etwa 110 km). Der Karstwanderweg insgesamt hat eine Länge von 232,2 km und ist so konzipiert, daß man in der Nähe von Pölsfeld beginnt, bei Gudersleben an eine Gabelung gelangt, eine südliche Schlaufe Richtung Osterode läuft und eine nördliche wieder zurück zum Kreuzungspunkt in Gudersleben. Dafür allerdings müßte man eine deutlich längere Zeit einplanen.

Das erste Hindernis beginnt damit, daß Pölsfeld mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum zu erreichen ist; so hatten wir uns entschlossen, uns in Osterode mit zwei PKW zu treffen und anschließend gemeinsam mit einem PKW nach Pölsfeld zu fahren, also letztlich einen PKW in Osterode und einen in Pölsfeld stehenzulassen. Das zweite Hindernis war eher unerwartet: man kann tatsächlich in Osterode den Bahnhof verfehlen, zumindest scheine ich ein Talent für solche Dinge zu haben. Es gibt in Osterode einen alten Bahnhof, der nicht mehr befahren wird und von den Gleisen mittlerweile getrennt liegt, und einen neuen, der im Ort allerdings nur als Busbahnhof beschildert ist, obwohl er auch an ein Gleisnetz angeschlossen ist. Und so warteten wir jeweils zu zweit an zwei verschiedenen Bahnhöfen, bis wir auf die glorreiche Idee kamen, die modernen Errungenschaften doch auch mal in Betrieb zu setzen und uns per Handy – oder wem es lieber ist, per tragbarem Fernsprechapparat (gibt es noch komplexere Varianten?) – über unseren jeweiligen Aufenthaltsort zu verständigen. Nach einer kurzen Kaffeepause bei einem örtlichen Bäcker ging es dann endlich am Sonntagnachmittag nach Pölsfeld los, wo sich in der Dorfmitte ein großer Parkplatz befindet.

Nun konnte unsere Sommerfahrt beginnen! Fröhlich schulterten wir die schweren Rucksäcke und gingen einen ersten kurzen Hang hinauf zu einem Aussichtspunkt, von dem aus uns erste Eindrücke über die Landschaft offenstanden, die wir in den nächsten Tagen durchwandern würden (Standortbezeichnung: Barbaraschacht). Hier war ehemals der Abbau von Kupferschiefer geplant und ein Stollen bis zu einem Kupferschieferflöz in rund 63 Meter Tiefe vorgetrieben worden, jedoch wurde der Bergbau bereits im Jahr 1926 aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. Weiter ging es bei sonnig-wolkigem Wetter durch eine abwechslungsreiche Hügellandschaft aus kleinen Wäldchen, Wiesen und Felder, der Wegesrand gesäumt von rotem Mohn und blauen Kornblumen und einmal auch einer kleinen Schafherde. Bald erreichten wir den kleinen Ort Obersdorf und setzten unseren Weg durch schöne Landschaft Richtung Grillenberg, dann Richtung Wettelrode fort. Am frühen Abend erreichten wir Wettelrode, zu spät, um noch Zeit zu finden für einen Besuch des Schaubergwerks Röhrigschacht. Der Röhrigschacht wurde zwischen 1871 und 1876 erbaut und erreichte in 163 Meter Tiefe einen großen Wasserlösestollen, den Segen-Gottes-Stollen, der westlich von Sangerhausen sein Mundloch hat. Allmählich wurde es Zeit, einen Übernachtungsplatz zu finden – uns entgegenkommende Spaziergänger empfahlen uns das Ufer des nahegelegenen Kunstteichs.

Der Waldweg dahin brachte botanische Schönheiten mit sich: bewundern konnten wir die lila und gelben Blüten des Hain-Wachtelweizens (Melampyrum nemorosum). Am Kunstteich angekommen, fanden wir jedoch teils steile Ufer, teils zahlreiche Angler und eine dicht gelegene befahrene Straße vor, so daß wir dem Karstwanderweg wieder ein Stück rückwärts folgten und einen besseren Platz ausfindig machen konnten. Der Abend verging mit Liedern und Harzsagen wie im Flug – beispielsweise wird berichtet, daß auf Kupferschieferstücken Bilder von Heiligen, der Jungfrau Maria sowie Engeln gefunden wurden. Ob mans glaubt oder nicht, der erste Tag unserer Sommerfahrt war vorüber!

Blick auf Wettelrode

Blick auf Wettelrode

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