Die alte Eibe

Es stand die alte Eibe
am Wiesengrund im Tal,
und wisperte, ach bleibe
doch bei mir dieses Mal.

Ich weiß von alten Zeiten
und kenne alten Brauch
wirst du zu mir herschreiten
erfährst du davon auch.

Da stieg zum alten Baume
ich still hinab zur Nacht,
versank sogleich im Traume
vom Eibenstamm bewacht.

Ein altes Weib trat sachte
zu mir in diesem Traum.
In ihren Händen lachte
ein Feuer unterm Baum.

Ich trage hier den Funken,
den ich dir einst gebracht.
Er ist dir längst versunken
hast nicht mehr dran gedacht.

Die Frau, sie blieb dort lange,
die Fackel halb verbrannt,
da hab an ihrem Gange
die Ahnin ich erkannt.

Sie reichte mir das Feuer
nun schon zum zweiten Mal,
und sprach: es sei dir teuer
nach altem Ideal.

Dann ist sie fortgegangen
erneut aus meinem Traum,
das Licht hab ich empfangen
dort unten an dem Baum.

Von ihren leisen Tritten,
bin ich sodann erwacht
und sah mich um inmitten
der Morgensonne Pracht.

Die Flamme leuchtet weise
in neu erblühter Zeit,
die Eibe wispert leise:
jetzt – jetzt bist du bereit.

Isabel Sahm, 29.11.2018

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