Über dieses Blog

Die Autorin



„Licht“ ist für mich Licht, das durch Wolken bricht. Vielleicht hat der eine oder andere hier auch schon oft die Lichtspiele beobachtet, die sich ergeben, wenn Wolken ziehen und an einer Stelle plötzlich und unverhofft eine Lücke entsteht, durch die ein Lichtbündel auf die Erde fällt und diese wie ein überdimensionierter Scheinwerfer abtastet. Die Bewegung und der Kontrast sind unglaublich abwechslungsreich und können von Menschen nicht mit derselben Faszinationskraft nachgeahmt werden. Formen, Figuren, Intensitäten wechseln; bei Sonnenauf- oder Untergang kommt eine Farbenkraft hinzu, die, vom Menschen erzeugt, als kitschig empfunden würde und hier nun echt und wahr vor Augen steht. Stunden könnte ich damit zubringen, diese Lichtwandel zu beobachten, und gleichzeitig geht eine Anziehungskraft davon aus, die eine Sehnsucht nach Unendlichkeit, nach dem Horizont erweckt und die in ihrer Unerfüllbarkeit beinahe schmerzt.
Die künstliche verinnerlichte Trennung von Natur und Mensch wird zunächst klar und überdeutlich, dann überwunden und gleitet über in ein Mitschwingen, in eine Harmonie mit jener immateriellen Kraft der Natur, die vermutlich von Menschen in weniger technisierten Zeitaltern wesentlich intensiver empfunden wurde. Aber es ist noch heute möglich, sie zu finden – wenn man die eigene Seele nicht davor verschließt.

Ähnlich steht es mit dem Begriff „Wald“. Hier ist es weniger die Sehnsucht nach Unendlichkeit, nach Einswerden mit dem Himmel und seiner Leuchtkraft, als die tiefe Empfindung von Beheimatetsein, Stille. Beim Betreten eines Waldes (nicht einer Baummonokultur, sondern eines Waldes, der diesen Namen noch verdient) wird man von einer samtenen Ruhe umgeben, die alle Alltagsprobleme so klein und lösbar macht, so groß sie zuvor auch gewirkt haben mögen. Die abwechselnden Grüntöne, die leisen Strophen der Vögel, eine leichte Windbewegung in Ästen und Blättern, die Strahlkraft der Sonne durch ein dichtes Blätterdach, die bei längerer Betrachtung das Empfinden eines Sternenhimmels erzeugt, und die immer ein wenig feucht und daher frische und erfrischende Luft bilden in ihrer Kombination einen Rückzugsort vor der Hektik der Zeit, dicke Baumstämme mit rauer Borke tragen Momente und Augenblicke der Konstanz in unser von Wandel, allzu schnellem Wandel geprägtes Leben.

Beide Begriffe sind daher Kraftspender vor allem an jenen Stunden und Tagen, an den die Welt für mich wie in dunkel getaucht erscheint und sämtliche Probleme unserer Zeit sich zusammenballen, nicht mehr verdrängen lassen. Die menschliche Unvollkommenheit, mangelnde Handlungsfähigkeit und Konsequenz scheint dann wie mit Leuchtschrift an eine schwarze Tafel geschrieben, jegliche Hoffnung begraben, Zweifel an allem, sowohl an persönlicher Umwelt als auch an der menschlichen Gesellschaft im allgemeinen tauchen auf und wachsen ins Unermessliche.
Dann wecken „Wald und Licht“ wieder fast verschüttete Hoffnungsfunken und spenden Trost – auch wenn damit noch lange nichts geändert ist…