Hinauf auf den Wurmberg


Schierke – Braunlager Fußweg – Ulmer Weg – Harzer Grenzweg – Wurmberg – Wurmbergstieg – Schierke

Distelfalter - Vanessa cardui

Distelfalter – Vanessa cardui

28.08.2013: Auch an diesem Wandertag verschlägt es uns wieder in die Gegend von Schierke. Diesmal parken wir auf dem Großparkplatz in der Nähe der Schierker Bergkirche, wandern an der Kirche vorbei, den Heldenfriedhof hinunter, überqueren die Bode und steigen am Hotel Bodeblick wieder hinauf zum Wald, gehen also ein Stück unserer gestrigen Wanderung in umgekehrter Richtung. Auf dem Braunlager Fußweg steigen wir auf nadelreichem und steinigem Pfad den Wald hinauf, den Abzweig zu Mause- und Schnarcherklippen links liegenlassend. Nach einiger Zeit erreichen wir an einer T-Kreuzung den Ulmer Weg, der zunächst aus den Betonplatten einer alten Panzerstraße besteht. Um die Panzerstraße herum wurde eine Schneise in den Wald geschlagen, so daß sich das Waldesdunkel zu einem sonnenbestrahlten Weiterweg hin verändert.

Admiral - Vanessa atalanta

Admiral – Vanessa atalanta

Unzählige Disteln blühen entlang der Strecke, der wir nach rechts folgen, und bieten damit Anziehungspunkt und Nahrungsquelle für ebenso unzählige Schmetterlinge. Kleiner und Großer Fuchs dominieren, daneben beobachten wir auch Tagpfauenauge, Zitronenfalter, Weißlinge sowie hin und wieder einen großen, orangefarbenen gaukelnden Kaisermantel. Wie schön doch die Natur die schillernden Farben dieser Tagfalter gestaltet hat! Man kann sich kaum sattsehen an all der faszinierenden Farbenpracht.

Nach links hinauf führt nun der Ulmer Weg durch den Wald, immer höher ansteigend. An einer Gabelung blicken wir uns um, schauen über erste Höhen hinweg, steigen dann aber durch Wald, den Ulmer Weg verlassend, hinab zum Rastplatz am Kaffeehorst, wo wir eine kurze Pause einlegen. Ein großer dunkler Schmetterling gaukelt vor uns hoch, die Flügel mit einem cremefarbenen Rand gesäumt. Ich muß ein Weilchen überlegen, bis mir einfällt, welcher Art er angehört: es handelt sich um einen Trauermantel, von mir noch nie zuvor „live“ gesehen, sondern bisher nur in Büchern betrachtet. Schnell ist er davongegaukelt, und leider bleibt die Begegnung einmalig.

Tagpfauenauge - Inachis io

Tagpfauenauge – Inachis io

Vom Kaffeehorst aus steigen wir nun steil auf den Panzerplatten des Harzer Grenzwegs bergan; wieder stehen am Wegrand unzählige Disteln mit unzähligen nektartrinkenden Schmetterlingen. Auch auf den Betonplatten am Boden sitzen sie, Sonnenbäder nehmend und vor unseren Schritten rasch zur Seite fliegend. Immer höher und steiler geht es hinauf; als wir uns umwenden, sehen wir den Harz weit unter uns liegen. Dieser Blick auf den Harz ist es, der das „echte Harzgefühl“ auslöst, ein Herzspringen, eine ziehende Sehnsucht und Freude, gepaart mit leichter Melancholie, ausgelöst durch die Öde des Anblicks. Hier nur stehen und schauen, alles vergessend, nur das Glück über die Landschaft auskosten!

Weiter bergan geht es, bis sich der Wald an den Seiten des Grenzwegs öffnet und in abgeholztes Heideland übergeht. Links von uns liegt eine neugebaute Blockhütte, gedacht wohl als Skialm in Winterzeiten. Wir verlassen den Grenzweg und gehen nach Westen bis unmittelbar unter den Wurmberggipfel. Ganz hinauf führt uns ein steiler Serpentinenweg durch ein Wäldchen, dann stehen wir oben, im Norden den Blick auf den Brocken genießend. Die alte, mittlerweile stillgelegte Wurmbergschanze ragt etwas baufällig in den Himmel auf, zu ihren Füßen die Gaststätte Wurmbergalm, die den Wurmbergbesucher mehr oder weniger mit billiger bayrischer Almdudelmusik „beglückt“. Stille ist hier oben nicht zu finden; zur Musik gesellen sich die Geräusche der Bauarbeiten am neuen Skilift sowie am künstlichen See, der hier oben angelegt wird – nicht, weil das so ein schöner Anblick wäre, sondern um ein Wasserreservoir für die Schneekanonen zu generieren, die das zukünftig – nach den Plänen der Liftbetreiber – höchstfrequentierte Skigebiet notfalls auch künstlich beschneien und damit befahrbar halten. Schön ist das hier oben alles nicht, es schmerzt beinahe, zu sehen, was diesem Harzgipfel angetan wird. Andererseits – Arbeitsplätze hat die Region durchaus nötig…

Steinkreis auf dem Wurmberg

Steinkreis auf dem Wurmberg

Auf dem Wurmberg befinden sich Überreste alter Steinanlagen. Ein Fundament soll auf eine Steinhütte aus dem Jahr 1825 zurückgehen, ein Steinhaufen auf ein 1890 erbautes Meßgerüst. Allerdings gibt es noch weitere Steinanlagen auf dem Wurmberg: einen von einem Schutzzaun umgebenen Steinwall, auf dem sich 16 größere Steinblöcke befinden, einen wesentlich größeren Steinwall auf der Westkuppe des Bergs beim Stieglitzeck, sowie eine Steinanlage, Hexenalter genannt, unter dem Kaffeegarten der Wurmbergalm (sie wurde schnöde überbaut) (1). Zusammen mit der Hexentreppe, einem alten Steinweg auf den Gipfel, soll es sich vieler Annahmen zufolge um eine frühgeschichtliche Kultstätte, etwa ein Sonnenheiligtum, handeln. Interessant sind Forschungen der TU Clausthal zur geobiologischen Ortung und zu Biosensoren samt Wurmbergbesuch.

Wurmbergwolken

Wurmbergwolken

Nach Westen gehend, finde ich eine kleine Stelle am Gipfel, die einen von den Bauarbeiten halbwegs ungetrübten Blick auf den Harz zuläßt. Lange stehe ich hier oben und schaue hinab auf die Höhren und die schweren Wolken, die am Himmel stehen. Die Farben verändern sich, graue Schleier ziehen von beiden Seiten heran wie ein starker Nebelzug, verhüllen die Landschaft, lassen nur noch grau vor meinen Augen übrig. Dann setzt der Baulärm wieder ein, zerreißt die Schleier, vor mir stehen wieder Höhenzüge, Wälder und Wolken am Horizont. Ein Strahl fällt aus über mir aufreißenden Wolken auf mich herunter. Hier einmal in der Stille stehen können, lange… ! Ich muß irgendwann noch einmal hier heraufkommen, allein, vielleicht an einem Sonntag, so zeitig, daß ich noch weit vor Öffnung der Wurmbergalm oben ankomme…

Die Kellnerin der Wurmbergalm erzählt uns, daß der Wurmberg ein idealer Punkt ist, um Wetter zu beobachten: häufig sieht sie Unwetter heranziehen, die sich aber am Brocken austoben und den Wurmberg nicht betreffen. Nach einer Einkehr in der Alm und Besteigung der Skischanze mit schönem Rundumblick (leider hinter Glas) machen wir uns an den Abstieg, diesmal nicht über den Serpentinenweg, sondern über eine neugebaute Metalltreppe entlang des Auslaufs der Skischanze. An den neben der Treppen angelegten Trockenmauern wachsen wunderbar süße Himbeeren…

Am Fuß der Treppe angekommen, wandern wir auf schönem, nadel- und steinreichem Waldweg, dem Wurmbergstieg, wieder den Berg hinunter, bis wir ein Forstgebäude erreichen; von hier führt der Weg auf breiter, geschotterter Forststraße an den Ortsrand von Schierke zurück. Am Hotel Bodeblick und Kirche vorbei erreichen wir unseren Parkplatz. Eine wunderschöne, sehr empfehlenswerte Wanderung; man sollte sich dafür allerdings nicht gerade einen Tag aussuchen, an dem der Wurmberggipfel aller Voraussicht nach von Menschenmassen, per Lift hinaufbefördert, überlaufen sein wird.

Blick vom Wurmberg

Blick vom Wurmberg

(1) Infotafel am Schutzzaun

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