Wanderung im Remstal

15.03.2015: Turnhalle Großheppach – Am Stein – Streuobstwiesen oberhalb von Gundelsbach – Beinsteiner Seele – Kleinheppacher Kopf – Schlammfangbecken zwischen Klein- und Großheppach – Turnhalle Großheppach

Gedenkstein für die Rebflurbereinigung

Gedenkstein für die Rebflurbereinigung

Man kann diese kleine Wanderung – oder großen Spaziergang – beispielsweise am Parkplatz an der Turnhalle von Großheppach beginnen; diese liegt am Ende der Zügernbergstraße unter den Weinbergen. Dann geht man die Straße weiter hinauf in den Weinberg, links liegen die Friedrich-Schiller-Grundschule und die neuerbaute Kindertagesstätte, rechts liegen Turnhalle, Sport- und Tennisplätze. Hinter den Tennisplätzen folgen ein paar Streuobstwiesen, dann führt ein Weg nach rechts/ Osten durch die Weinberge Richtung Gundelsbach. Die Weinberge liegen noch im Winterschlaf, die Knospen sind noch klein, das Gras zwischen den Reben braungrün ohne frischen Austrieb. Aber die ersten Stare fliegen schon, man hört ihren charakteristischen, etwas quetschenden Gesang mit zahlreichen eingestreuten Nachahmungen anderer Vogelrufe, auch solche von Arten, die nur im Winterquartier der Stare vorkommen. Immer wieder auch die üblichen, pechschwarzen Rabenkrähen, die sich in den letzten Jahren stark vermehrt haben. Folgt man diesem asphaltierten/ betonierten Weinbergweg, kommt man zu einer Weggabelung „am Stein“, wie wir es nennen. Ein großer Felsbrocken erinnert in einer Aufschrift an den ersten und zweiten Teil der Rebflurbereinigung Ende der 60er/ Anfang der 70er Jahre. Davor steht eine Bank, auf der man rasten kann, wenn man möchte, denn nun folgt ein etwas steilerer Anstieg hinauf auf den Weinberg, nach Norden, immer noch einer Weinbergstraße folgend.

Streuobstwiesen oberhalb von Gundelsbach

Streuobstwiesen oberhalb von Gundelsbach

Kornelkirschblüte - Cornus mas

Kornelkirschblüte – Cornus mas

Am Himmel kreisen zwei Mäusebussarde und lassen ihre gezogen miauenden Rufe ertönen. Man steigt hier nicht ganz hinauf, der dritte Querweg im Anstieg (denjenigen direkt an der Bank nicht mitgezählt) führt nach rechts in die Streuobstwiesen. Hier ist es immer menschenleer und idyllisch. Ist man am frühen Morgen oder späten Abend unterwegs, kann man fast immer Rehwild entdecken, manchmal auch Schwarzwild. Heute, mitten am Tag, muß ich mich mit diversen Vögeln begnügen, vor allem zahlreichen Kohlmeisen und Amseln. Aber es ertönt auch die leise, fragende Strophe des Gartenbaumläufers und das laute Lachen des Grünspechts. Lange schon bin ich hier nicht mehr gewesen, erinnere mich an meine Teenagerzeit. Damals hatte ich Aiko noch nicht, war noch mit meinem ersten, sehr schwierigen Hund unterwegs, den wir aus dem Tierheim geholt hatten, einem Labrador-Dobermann-Mischling. Schön führt der Wiesenweg weit oberhalb von Gundelsbach entlang, hin und wieder kann man einen Blick auf die wenigen Häuser erhaschen. An einem Wasserhäuschen hält man sich links ansteigend, noch ein paar hundert Meter, dann knickt der Weg in rechtem Winkel hangaufwärts zum Wald hin ab.

Ringeltauben in den Baumkronen - Columba palumbus

Ringeltauben in den Baumkronen – Columba palumbus

Haselkätzchen - Corylus avellana

Haselkätzchen – Corylus avellana

An diesem Waldeck öffnen sich die Buchen über dem Waldeingang wie ein Tor. Auch der Wald ist noch kein Frühlingswald; die Bäume sind kahl, Massen von trockenem Laub bedecken den Boden. Auch hier kann man am Morgen oder Abend oft Rehwild beobachten; auch hier bleibt es heute jedoch unsichtbar. Ein Eichelhäher rätscht, weil er sich durch mich gestört fühlt; an einer Fichtenpflanzung im sonstigen Buchenmischwald schaut eine Haubenmeise auf mich herunter und verschwindet im Grün. Nach einem kurzen Anstieg durch dieses eher schattig-feuchte Waldstück erreiche ich eine gekieste Forststraße und gehe auf ihr nach Norden. Rechts des Weges liegt eine gern von Wildschweinen besuchte Suhle, oben in den Baumkronen fliegen ein paar größere Vögel. Ein Blick durchs Fernglas: Ringeltauben. Wieder folgt eine kleine Fichtenpflanzung, ein dunkler Fleck im lichten Vorfrühlingswald; bei Nebel ist dies eine ganz besondere Stelle.

Buchenmischwald

Buchenmischwald

Beinsteiner Seele

Beinsteiner Seele

Wenn die Sonne allmählich höher steigt und die Kraft hat, den Nebel zu brechen, fällt sie genau hier in Strahlen durch die Fichtenzweige und taucht den Wald in ein märchenhaftes Licht; man geht wie auf einem verwunschenen Weg durch einen Zauberwald, fühlt sich gesegnet und beschenkt. Dieses Lichterlebnis gab diesem Blog seinen Namen. Heute freilich ist ein sonniger Tag ohne Nebel, und diese besondere Stelle wirkt ganz alltäglich. Nach einigem Gehen, leicht bergab, erreicht man auf diesem Weg einen Waldspielplatz an einer Weggabel, das „Beinsteiner Seele“ (See-le), auch „Seespielplatz“ und „Wasserrädle“ genannt. Hier entspringt eine Quelle, das Wasser fließt in ein Brunnenbecken und über ein Wasserrad in einen kleinen Teich, um sich als schmales Bächlein ins Tal hinab zu ziehen. Ein zweiter kleiner Teich wird von einem hölzernen Schiff gesäumt, das freilich seine besten Zeiten schon lange hinter sich gelassen hat.

Naturverjüngung

Naturverjüngung

Mich links haltend, gehe ich auf der Forststraße ganz leicht bergan. Laut ertönen die Rufe des Kleibers, erstaunlich laut für einen doch eher kleinen Vogel; hin und wieder schmettert ein Buchfink seine Frühjahrsstrophe. An der nächsten Weggabel halte ich mich wieder links, nun geht es wieder etwas stärker bergan in südliche Richtung. Doch schon der übernächste Abzweig nach rechts ist der Richtige; ein schmalerer Weg führt durch nur halbhohen Wald. Sieht man zur Rechten eine Hütte liegen, ist man schon zu weit gegangen und hat den Abzweig verpaßt. Weihnachten 1999 hatte der Orkan Lothar hier den kompletten Fichtenwald niedergelegt. Kein Baum stand mehr, nur einzelne gesplitterte Stämme ragten noch wie überdimensionale Zeigerfinger, als Mahnung erhoben, aus dem Baumwirrwarr gegen den Winterhimmel. Der Anblick war schlimm; die Tränen ließen sich damals nicht ganz unterdrücken. Gerade an diesem Fichtenbestand mit seinem weichen Nadelweg hingen Erinnerungen an diverse Ausritte und Sichtungen von Rehwild an stillen Tagen… Es wurde nicht mehr mit Fichten aufgeforstet; nun entwickelt sich hier ein Mischwald, der aber derzeit noch von Birken und Holunder geprägt wird. Einzelne Stechpalmen wachsen hier ebenfalls, aber man sieht sie nur, wenn man es weiß; sie stehen etwas abseits der Wege. Wieder entdecke ich in den Baumkronen Ringeltauben, gehe immer weiter den Krümmungen des Weges folgend mehr oder weniger geradeaus, alle Seitenwege ignorierend.

Stechpalme - Ilex aquifolium

Stechpalme – Ilex aquifolium

Auf einem schmalen Pfad geht es nochmals bergauf, dann stehe ich auf einer kleinen Plattform mit markanter Eckbuche unterhalb des Kleinheppacher Kopfes, auf dem ebenfalls ein Waldspielplatz angelegt ist. Man kann hinter der Buche in einem kurzen steilen Anstieg dorthin gelangen; ich aber gehe nun aus dem Wald heraus und unterhalb des Kleinheppacher Kopfes entlang. Hier sind ein paar steile Gartengrundstücke angelegt; nachdem man sie passiert hat, öffnet sich der Blick auf das Remstal. Direkt unterhalb liegt Kleinheppach, weiter östlich Großheppach, südlich von Großheppach reiht sich Beutelsbach an. Hier oben am Eck weht immer ein Wind, und so verwundert es nicht, daß sowohl hier als auch oben am Kleinheppacher Kopf regelmäßig Paraglider starten.

Kleinheppacher Kopf - Blick von der Stützmauer aufs Remstal

Kleinheppacher Kopf – Blick von der Stützmauer aufs Remstal

Alter Weinberg mit Trockenmauern

Alter Weinberg mit Trockenmauern

Bei der Rebflurbereinigung in den 80er Jahren zwischen Kleinheppach und Kleinheppacher Kopf wurde der gesamte Hang abgegraben und seine vormals steile Steigung beseitigt, um ihn für die Befahrung mit Maschinen zu optimieren. Der Kopf selbst mußte mit einer Mauer mit Stahlpfeilern abgestützt werden, da die Gefahr bestand, er könne herunterkommen auf das Dorf Kleinheppach. Hier oben ist noch ein winziger Rest des alten Weinbergs vorhanden, steil und gesäumt von Trockenmauern. Eine dunkle Erinnerung nur ist mir geblieben, als der Weinberg hier allgemein diesen Charakter hatte, Fetzen aus der Kindheit, Erinnerung an Eidechsen, Häuschen, Mauern und einen kleinen Bach. Und vor allem: an zahllose Rebhühner. Mit der Rebflurbereinigung sind sie vollkommen aus der Landschaft verschwunden. In meiner Kindheit und Jugend gab es sie noch, die großen Treibjagden im Herbst, mit einer Jagdstrecke aus Rebhühnern und Feldhasen. Unheimlich wirkten die Anhänger mit den toten Tieren auf uns, so wie auch die Warnung: heute ist Jagd, bleib mit dem Hund weg aus dem Weinberg. Auch die Feldhasen sind kaum noch zu sehen, und die Jagden gehören der Vergangenheit an.

Blick von unten auf den Kleinheppacher Kopf mit Stützmauer

Blick von unten auf den Kleinheppacher Kopf mit Stützmauer

Kätzchen der Bluthasel

Kätzchen der Bluthasel

Noch ein Blick aufs Tal von der Aussichtsplattform oberhalb der Stützmauer, dann geht es durch den Weinberg hinunter, immer hinunter die lange, eintönige Asphaltstraße. Zwar ist sie aufgelockert durch einzelne Buschgruppen mit Bänken zum Ausruhen, aber die frühere Vielseitigkeit können sie nicht ersetzen. Immerhin, die Kornelkirsche blüht, und im Gezweig rastet eine Blaumeise. Weiter unten im Weinberg plötzlich ein schnarrender Laut, umschrieben etwa „zrrrrrrrrrrrrrr zrrrrrrrrrrr“: die Warnrufe einer Misteldrossel. Am Fuß des Weinbergs angekommen, am Schlammfangbecken, das sich allerdings zum Tierparadies entwickelt hat, gibt es noch ein paar Streuobstwiesen und einen wunderschönen Bluthaselstrauch. Am Ortsrand von Großheppach kann man den Weinberg in östlicher Richtung eine gute halbe Stunde lang entlanggehen und gelangt auf diese Weise wieder zu dem Abzweig zurück, der bergab zum Parkplatz an der Turnhalle führt.

Blaumeise - Cyanistes caeruleus

Blaumeise – Cyanistes caeruleus

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