Der Rufmord


Geboren ward er rasch in einem kurzen Augenblick,
geschüttelt aus der Feder einer kalkulierten Hand.
Wie er auf flirrendem Papier geschrieben stand,
begann sein Wirken schon im menschlichen Geschick.

Sein Vater war die Angst, sein Mütterlein Begier
nach Macht. Sie nährten ihn mit lustvollem Gewinn.
Er lachte grell und laut mit schnell erwachs‘nem Sinn
bei der Betrachtung seiner Taten, dort und hier.

Er wurde groß und trug sein Wirken in die Welt,
mit Hohn verbreitete er Furcht vor seiner Tat.
Man hörte umso sicherer auf scheinbar wahren Rat,
je öfter man ihn einlud in das nächste Zelt.

Glaubhaft festigte er schnell, was einst erfunden war,
denn seine Überzeugungskraft wuchs mit der Zahl
des Wiederholens. Zweiflern ließ er keine Wahl:
bestochen schwiegen sie ein um das andre Jahr.

Er freute sich an aller Ehre, die man ihm gebracht,
ihn störte nicht, daß er zerstörte Andrer Lebensmut.
Er glaubte ja auch nunmehr selbst, daß seine Botschaft gut
und richtig war. Und keine Qualen störten seine Nacht.

Doch wem auf dieser Erde noch die Wahrheit wichtig ist,
wer glaubt an Ideal, Kameradschaft, an Gerechtigkeit,
der muß es wagen wider dessen kalte List,
und rüsten sich zu unumgänglichem Streit.

Laßt uns gemeinsam Rufmords Tun entgegengehn,
laßt trotzen uns mit innerer Wahrhaftigkeit.
Was er den Menschen eingab in unsel’ger Zeit,
das wird zerrinnen und in jungem Sturm verwehn.

geschrieben als Schlußstrich unter das, was war…
veröffentlicht in veränderter Form samt Noten in Idee und Bewegung, April 2013, Heft 101, S. 49

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