Leben!

Aufstieg Halserspitz
Noch dämmernd war’s, da ging ich, halb verloren, hin
ganz früh an einem kühlen, klaren Sommermorgen.
Doch blutig abendrot-erfüllt schien meiner Seele Sinn,
mein Herz getrübt von weltenstürzend’ Sorgen.

Der Berg stand vor mir, voll von Allmacht und Gewalt,
aus Felsenwänden stieg ein morgentau-getränktes Schimmern.
In jäher Furcht vor diesem Anblick macht’ ich Halt.
Sollt’ ich hinauf? Vor meinen Augen schien der Weg zu flimmern.

Ich war so klein, fast nichts, und alles rings um mich so weit,
so groß, so jäh des Abgrunds Klüfte neben mir.
Und plötzlich wich von meiner Seele alles Weltenleid,
das mich an diesem Schicksalstag heraufgeführt bis hier.

Das ganze Leben kehrte trotzig-fordernd mir zurück,
ich spürte, wie mein Inneres dem Tagesanbruch glich.
Am warm-lebendig’ Felsen kämpft’ ich um mein Glück.
Schon bald stand ich am Gipfel oben, siegend über mich.

Mein Blick ging über alle Wälder, alle fernen Weiten,
vom tiefen Tal dort stieg ein Adler schon zur Sonne auf.
In großen Kreisen ließen sanfte Winde ihn zum Lichte gleiten,
nicht eine Wolke trübte meiner, seiner Augen Lauf.

Mein Geist begann zu steigen, war nicht länger mehr allein,
auch unser Herzen Takt schlug stark und fest und gleich.
Das unsrige Bewußtsein fühlte freudevoll und rein:
Uns eint der Glaube an der Freiheit strahlend’ Reich!

Isabel Sahm, 15.01.2010
veröffentlicht in den „Blättern der Deutschen Gildenschaft“

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