Sturm

Gewitterwolke
Was man dich lehrt,
was man Dir sagt,
glaubst Du.
Nachzuprüfen, was wahr ist,
und ob es wahr ist –
diese Idee
taucht niemals auf.
Alles ist einfach.
Schwarz.
Und weiß.

Dein Leben läuft dahin – glatt,
ohne Wellen.
Du jubelst, freust Dich.
mit den Massen.
Über Events, die Schwung
in Dein Leben bringen sollen.
Sprichst die Phrasen nach,
die in der Zeitung stehen.
Fühlst Dich gut.
Mutig.
Couragiert.

Manchmal aber
fällt ein Stein ins glatte Wasser
eines solchen Lebens.
Klein. Eckig.
Mit Kanten.
Und Zeichen…
Nur ein paar Worte, kurze Texte.
Die glatte Fläche verzerrt sich,
auch das Bild,
das Du siehst.
Du beruhigst Dich.
Nur eine Kleinigkeit.
Nur eine Kleinigkeit!

Aber –
Der Stein geht nicht unter.
Wirft Wellen.
Bleibt unvergessen.
Setzt sich fest.
Nachforschen?
Nein, wozu?
Alles ist so, wie man uns sagt…
Es muß ja so sein.
Natürlich.
Oder?
Oder???

Du forschst nach. Siehst.
Ein Bild.
Ein falsches Bild.
Vor dem Stein –
ein falsches Bild.
Aber –
nur hier.
Nur in diesem Punkt.
Natürlich. Alles andere wäre…
Wäre…
Halt!
Halt! Nicht weiter!
Betreten verboten!
Danger – do not enter this area!

Nur hier?
Nur hier?
Nirgends sonst?
Nirgends sonst.
Schließe die Augen,
das glatte Wasser wird
schon wieder auftauchen.
Ja. Alles ruhig.
Aber…aber…
Du kannst den Stein nicht vergessen.
Und liest.

Bücher, Schriften.
Alte Bücher, alte Schriften.
Bilder stürzen zusammen.
Entsetzen –
umgeben von falschen Bildern
lief Dein Leben in glatten Bahnen,
mit glatter Oberfläche.
Und jetzt?
Und jetzt???
Verwirrung, innerer Aufruhr.
Wogen und Wellen –
Sturm.

Etwas stürzt zusammen und versinkt.
Wieviel?
Sturmwolken blasen über die Oberfläche,
nehmen etwas mit:
Vertrauen.
Mitgerissen in der Brandung,
die Dein Innerstes verstört.
Misstrauen entsteht.
Fragen kommen aus dem Sturm und
aus dem Nichts.
Fragen, die Vertrauen restlos töten.
Du erkennst ein Netz.
Aus Lügen.
Warum das Netz?
Wem dient es?
Wer bedient es?

Du bleibst allein.
Mit Deinem inneren Sturm.
Und wirst zerbrechen oder –
resignieren.
Wenn Du den Sturm
toben lässt ohne zu schreien.
Wenn Du die Tür schließt.
und den Sturm versteckst.
Aus Angst. Vor den Bildern.
Vor dem Neuen.
Vor Deiner Umgebung…
Schrei den Sturm hinaus!
Oder er wird Dich besiegen…

Isabel Sahm, Frühjahr 2003

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