Baldur Springmann – Zum Glücklichsein braucht man Heimat


„Was man zum Glücklichsein braucht, ist nicht jene Art Glück, sieben Richtige im Lotto zu haben. Glücklicherweise gibt es ja viel mehr glückliche Menschen als Lottogewinner. Was man zum Glücklichsein aber unbedingt braucht, ist Heimat.“

Liebe zur Heimat, die sich nicht auf ein paar dürftige Floskeln oder Lippenbekenntnisse im Wahlkampf beschränkt, sondern echtes inneres Verbundensein, wahres Erleben zugrunde setzt, ist das zentrale Thema, der rote Faden in Baldur Springmanns autobiographischen Werk „Bauer mit Leib und Seele“.
In den vorliegenden zwei Bänden „Das weiße Wolkenschiff“ und „Heimat aus Licht“ gelingt es dem Autor, den Leser in seine Welt mitzunehmen, in der der Schwerpunkt weniger als heute allgemein üblich in theoretischer Wissensvermittlung und seelenlosem Beschreiben liegt, sondern eindeutig auf dem Erfühlen von Stimmungen, Kreis- und Arbeitsabläufen sowie menschlichem Miteinander. Dabei werden Stationen eines ungewöhnlich abwechslungsreichen, aktiven und dennoch stets konsequenten und zielgerichteten Leben chronologisch beschrieben und das Lebensgefühl in unterschiedlichen Zeiten plastisch dargestellt.
Alles beginnt mit dem Wunsch des 15jährigen Industriellensohnes aus der Stadt, zu einem bäuerlichen Leben zurückzukehren, die Stadt zu verlassen und Verbundenheit mit natürlichen Lebenskreisläufen zu erlangen.

Es folgen Schilderungen der Lehrjahre, deren Bedingungen (harte körperliche Arbeit, wenig Freizeit, aber auch gelebte Kameradschaft, gegenseitige Akzeptanz und Hilfsbereitschaft) aus heutiger Sicht beinahe unwirklich erscheinen und beim Lesen mitunter ein wenig schlechtes Gewissen über die heute weit verbreitete Jammermentalität hervorrufen.

Nach Studium, Erwerb und Aufbau eines eigenen Hofes wird Springmann Batteriechef in Kiel. Immer wieder betont wird hier sein Versuch, Kameradschaft nicht als bloßes Wort stehen zu lassen, Vorgesetzten und Untergeordnete zu einem einzigen Gesamten zusammenzuführen, jeden an den passenden Platz zu stellen und das Gefühl zu vermeiden, bloße Nummer statt Mensch zu sein. Hierbei kommt es laut Springmann mitunter auch zu Konflikten mit Höhergestellten, wodurch sich eine Beurteilung in seiner Personalakte bestätigt: „…neigt zu Widerspruch und unaufgeforderten Äußerungen ungewöhnlicher Ansichten…“.
Gleichzeitig arbeitet der Autor seine Vorstellungen von bäuerlicher Lebensweise aus, die er dem Begriff der natur- und kulturzerstörenden „industriellen Massengesellschaft“ gegenüberstellt.
Nach dem Krieg folgt Verlust des Hofes, Schmuggelfahrten über die Ostsee in die sowjetisch besetzte Zone und zurück sowie der erneute Aufbau eines Hofes, der beinahe ohne Eigenkapital durch enorme Leistungsbereitschaft, persönlichen Einsatz, unglaublich starken Willen und geschicktem Umgang mit Behörden gelingt. Dankbar beschreibt Springmann immer wieder die „eigentlichen Menschen“, die ihm auf seinem Weg weitergeholfen haben, Menschen, denen Hilfsbereitschaft immer wichtiger als abstrakte Paragraphen blieb.

Zwischendurch eingestreute selbsterfundene und „selbsterfühlte“ Märchen verdeutlichen die Verbundenheit mit Natur und Landschaft und leiten den Übergang zur ökologischen Landwirtschaft ein, den Verzicht auf Kunstdüngereinsatz und Gifte aller Art.

Mit Behörden hat Springmann auch weiterhin häufigen Kontakt, schreibt von Papierbewältigunsstunden bis spät in die Nacht, um diverse Ziele durchzusetzen: Vermarktung von Direktmilch, Zivildienst auf „Ökohöfen“, Ziele der Antiatomkraftbewegung. Bald ist Springmann in zahlreichen Umweltschutzgruppierungen aktiv und wird zum Mitbegründer der Grünen, die jedoch zunehmend von radikalen K-Gruppen unterwandert werden und Springmann damit seine politische Heimat abhandenkommt. Kurz erwähnt wird auch die Gründung der ÖDP, anschließend kommt es zum Rückzug aus der Parteipolitik.
Am Ende des Werkes steht die Beschäftigung mit spirituellen Gruppierungen sowie Konzepte alternativer Agrarpolitik.

Was jedoch auch während der Schilderung schwieriger und politisch unbefriedigender Zeiten im ganzen Buch niemals verloren geht, ist der unerschütterliche Optimismus, der Springmanns ganzes Leben durchzieht und damit die feste Überzeugung, das erreichen zu können, was man erreichen will.
Nehmen wir uns also ein Beispiel – machen wir das Unmögliche möglich!

von 2002

 

Über den Doppelband:
Bauer mit Leib und Seele: Heimat aus Licht. Das weiße Wolkenschiff.
broschiert
zusammen 591 Seiten
Verlag Bublies
ISBN-10: 3926584327
ISBN-13: 978-3926584328

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Eine Antwort zu Baldur Springmann – Zum Glücklichsein braucht man Heimat

  1. s. sagt:


    Das hier vorgestellte Buch kann ich nur empfehlen. In mir selbst hat es viel wieder wachgerufen, was manchesmal durch den Alltag verschüttet wird. Das Buch ist ein großes und tiefes „Ja!“ zum Leben. Getragen wird es von der Liebe zur und Eingebundeheit in die Schöpfung. Viele wesentliche Bereiche menschlichen Lebens werden angesprochen: das Tagwerk mit Mühsal und Freude, Liebe, Religiosität, Heimat, Volk und die Zuneigung zu den Menschen. Das alles geschieht vollkommen direkt und unverstellt.

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