Sonnenstunden auf der Teufelsmauer

Teufelsmauer - Blick auf das Hamburger Wappen
Vergangenen Sonntag ging es wieder hinaus in den Harz, wenn auch diesmal eher ins Harzvorland – zur Teufelsmauer bei Blankenburg, eine Sandsteinrippe, die während der Erhebung des Harzes aufgeworfen und durch Abtragung weicherer Gesteinsschichten freigewaschen wurde. Die Teufelsmauer erhebt sich an drei Stellen im Harzvorland, in den „Gegensteinen“ bei Ballenstedt, einem Abschnitt bei Weddersleben sowie zwischen Blankenburg und Timmenrode. Den letztgenannten Abschnitt hatten wir uns für diesen Tag vorgenommen. Die Teufelsmauer berührt Blankenburg an der Straße nach Hasselfelde, und von dort gehen wir bei schönstem sonnigwarmem Novemberwetter los. Drei Wege führen über die Teufelsmauer oder an ihr entlang: der nördliche Hangweg, der südliche Hangweg sowie der Kammweg – so schlau sind wir allerdings erst auf dem Rückweg, und so nehmen wir den nächstbesten Weg, der uns vor die Füße kommt. Es stellt sich später heraus, daß es der südliche Hangweg gewesen war – betitelt mit „bequemer Weg“, was auch zutrifft.
 
Die ersten bizarren Felsformationen, die wir zu Gesicht bekommen, sind der Großmutter- und der Großvaterfelsen. Auf dem Großvaterfelsen befindet sich eine kleine Aussichtsplattform, von der man einen schönen Blick über Blankenburg und die nächstgelegenen Hügel hat – schön, hier am Sonntagmorgen oben zu stehen, wo die Stadt noch schläft, friedlich und ruhig in der Sonne liegt. Keine Autos fahren, alles ist still. Dann steigen wir wieder abwärts – die Hände am Fels zu haben, endlich einmal wieder, tut gut, aber es ist auch erstaunlich, wie schnell man die Gewohnheit verliert, über Felsen zu gehen, wenn man es nicht mehr regelmäßig tut. Wir folgen dem – bequemen – südlichen Hangweg parallel zur Teufelsmauer durch den Wald, bis ein Einschnitt auftaucht und ein Weg bergab zur Gewittergrotte und zum Fuchsbau führt. Die Gewittergrotte ist ein über den Weg hängender Felsen mit bizarrem Wabenmuster,Fuchsbau der angeblich bei Gewitter ein sicherer Rückzugsort ist – bei der Betrachtung kommen Zweifel auf, ob nicht die Blitze gerade hier besonders an den Felsen herunterzacken werden. Der nahgelegene, 1934 erbaute Fuchsbau erscheint da schon sehr viel schutzbietender, und bietet zudem noch eine bemerkenswerte Besonderheit, die unwillkürlich an das Lied „Es saß ein klein wild Vögelein“ erinnern könnte… warum das so ist, möge der geneigte Wanderer aber selbst herausfinden!
 
Aufwärts nun wieder, um den letzten Abschnitt der Teufelsmauer bis zum Hamburger Wappen zu begehen. Am Ziel eine wundervolle Aussicht mit Blick auf den Felsen, der Hamburger Wappen genannt wird, die Mulde davor, die Gesteinsformationen, der schmale Felsdurchgang auf der gegenüberliegenden Seite, Sand unter den Füßen, die Sonne im Gesicht – hier könnte man es aushalten! Eine Feuerstelle liegt vor uns, ein Zettel mit der Zahlenkombination „666“ daneben – Überreste einer schwarzen Messe? Bei Nacht und Vollmond sollte man diese Wanderung wohl besser nicht gehen…
 
Die Sage macht den Ort für solche Dinge attraktiv: der Teufel wollte von Gott die Herrschaft über das Harzgebirge, das ihm am liebsten war, zugestanden bekommen, während Gott das fruchtbare Harzvorland behalten sollte. Doch es gab eine Bedingung: sollte der Teufel es schaffen, Harzvorland und Harzgebirge über Nacht, bis der erste Hahnenschrei ertönte, mit einer Mauer zu trennen, so sollte ihm das Harzgebirge gehören. Der Teufel machte sich an die Arbeit und setzte Stein auf Stein, bis ein massiver Wall entstanden war. Doch gegen Morgen, noch vor Sonnenaufgang, ging eine Bäuerin aus Timmenrode zum Markt und trug in ihrem Korb einen Hahn. Sie stolperte über einen Kieselstein, der Hahn erschrak und ließ einen lauten Schrei ertönen, gerade, als der Teufel den letzten Stein in die Mauer einfügen wollte. Vor Wut über den Mißerfolg zerschlug er die Mauer noch in derselben Nacht, so daß nur diese letzten, heute sichtbaren Überreste stehengeblieben sind. (1)
 
Davon nicht abgehalten, klettern wir eine ganze Zeitlang in den Felsen und zwischen lichtem Kieferwald umher, freuen uns über die Aussicht, spinnen Gedanken, tauschen Ansichten aus – sind es doch zwei sehr verschiedene Welten, die hier auf dieser Wanderung zusammengefunden haben. An dieser Stelle wirkt es fast, als wäre der Sommer noch einmal für einen Augenblick zurückgekehrt. Letztlich reißen wir uns doch von diesem Ort los und gehen zurück nach Blankenburg, diesmal über den – als „beschwerlich“ gekennzeichneten, faktisch aber außerordentlich abwechslungsreichen – Kammweg direkt über die Teufelsmauer hinweg, vorbei an Fahnen- und Spitzfelsen. Warum sie wohl so heißen? Der Fahnenfelsen könnte mit einiger Phantasie einer durch Wind verdrillten Fahne gleichen, der Spitzfelsen soll – so stand es in einer an der Großvater-Ausflugsgaststätte ausgelegten Broschüre – nach der Hunderasse „Spitz“ benannt sein. Viel Einbildungskraft hatten die Namensgeber offenbar schon! Beim nächstgelegenen Turnerfelsen erscheint die Namensgebung naheliegender – so ist der Wanderer gezwungen, über das Gestein zu turnen. Noch viele weitere Felsen und Aussichten passieren wir auf unserem Weg über dem Kamm, genießen die Aussicht vom Teufelssessel aus, freier Blick über das ganze Tal. Ist es der Huy, der dort drüben als Erhebung liegt? Wir sitzen und reden, gehen über Felstreppen und weitere Aussichtspunkte, bis wir wieder am Großvaterfelsen ankommen – und den Wandertag in der zugehörigen Gaststätte beenden. Empfehlenswert!


(1) vgl: Bernd Sternal/ Lisa Berg: Sagen, Mythen und Legenden aus dem Harz, Band 2, Books on Demand GmbH, Norderstedt, 1. Auflage Mai 2010, S. 87, ISBN 978-3-8391-5059-7


Teufelsmauer - Großvaterfelsen

Dieser Beitrag wurde unter Landschaften, Neu abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.