Felsentürme aus Granit


Elend – Barenberg – Schnarcherklippen – Mauseklippen – Schierke – Bahnhof Schierke – Feuersteinklippen – Ahrensklint – Erdbeerkopf – Spinne – Quesenbank – Stern – Helenenruh – Elend

Schnarcherklippen

Schnarcherklippen

27.08.2013: Der Scheitelpunkt der ersten Rechtskurve in Elend, von Braunlage aus kommend, ist unser heutiger Ausgangspunkt. Wir gehen über die Bahngleise hinweg und geradeaus bis zu einer Wegkreuzung. Links auf den Barenberg (früher: Bärenberg) hinauf führt eine gekieste Forststraße; auch ein Wegweiser für Wanderer weist links hinauf, ein anderer jedoch auf einen Waldbodenpfad geradeaus – inklusive Warnung vor beschwerlichem Teilstück bergan. Diesen letzteren Weg nehmen wir, gehen auf Waldboden hinein in den Wald und steigen im Wald mäßig steil (kein Vergleich zu alpinen Wegen) den Hang hinauf. Nach einiger Zeit führt ein kleiner Abstecher nach rechts zu einem Aussichtspunkt über das Tal.

Schnarcherklippen von unten

Schnarcherklippen von unten

Wieder zum Ursprungsweg zurückgekehrt, bewundern wir links vom Weg eine knorrige Buche, die auf den Betrachter wie ein überdimensionaler Bonsaibaum wirkt und malerisch aus einem Felsen emporwächst. Schließlich haben wir den Gipfel des bewaldeten Barenbergs erreicht und steigen auf schmalem Pfad wieder abwärts. Trotz vorbereitenden Hinweisschildern tauchen plötzlich und unerwartet die Schnarcherklippen direkt vor uns im Wald auf, zwei riesige granitene Felsentürme (25 und 28 m hoch), durch Wollsackverwitterung segmentiert. Durch das in ihnen enthaltene Magnetit werden Kompaßnadeln von ihrer Nordausrichtung abgelenkt. Hier wandeln wir auf Goethes Spuren, der im September 1784 auf seiner dritten Harzreise auch die Schnarcherklippen besichtigte. (1) Bei Wind sollen sie ein eigentümliches Geräusch erzeugen, das an das Schnarchen eines Riesen erinnert. Goethe erwähnt sie in der „Walpurgisnacht“ seines „Faust“.

„In die Traum- und Zaubersphäre
Sind wir, scheint es, eingegangen.
Führ uns gut und mach dir Ehre
Daß wir vorwärts bald gelangen
In den weiten, öden Räumen!
Seh die Bäume hinter Bäumen,
Wie sie schnell vorüberrücken,
Und die Klippen, die sich bücken,
Und die langen Felsennasen,
Wie sie schnarchen, wie sie blasen!“

Auf den Schnarcherklippen mit Blick zum Wurmberg

Auf den Schnarcherklippen mit Blick zum Wurmberg

Einer der Felsentürme ist über Eisenleitern begehbar. Trotz dieser Sicherung ist Vorsicht beim Besteigen kein Fehler, denn die Felsen sind glatt, besitzen Löcher und Spalten; das Geländer wirkt an einigen Stellen auch nicht mehr hundertprozentig vertrauenswürdig. Dennoch lohnt sich eine Besteigung absolut: man steht hier oben sozusagen „über dem Wald“ auf 671 m über NN und hat einen weiten Rundumblick. Besonders deutlich sind der Wurmberg im Westen, der Brocken im Nordwesten, der Erdbeerkopf und Hohnekamm im Nordosten zu sehen.

Hinter der nahegelegenen Schutzhütte führt unser Waldpfad weiter nach rechts zu den Mauseklippen und auf dem Braunlager Fußweg steinig hinunter nach Schierke. Nahe des Hotels Bodeblick gehen wir über die Bodebrücke, dahinter links hinauf bis zur Kirche. Vor der Schierker Bergkirche ist ein Soldatenfriedhof für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs angelegt; ein großer Granitblock mit der eingravierten Inschrift „Helden“ wird umringt von einer großen Zahl kleiner schwarzer Metallkreuze – eine würdige Art des Gedenkens.

Soldatenfriedhof Schierke

Soldatenfriedhof Schierke

Bergkirche Schierke

Bergkirche Schierke

Dunkelschön ist die kleine gotische Steinkirche; an ihr vorbei gehen wir bis zum großen Besucherparkplatz, hier die Bahnhofstraße ein kurzes Stück geradeaus hinauf, dann nach rechts über einen Waldpfad zum Bahnhof der Brockenbahn. In der hier befindlichen Gaststätte rasten wir im „Einkehrschwung“. An den Wänden finden sich zwei Gedichte, eins davon wohl auch zum Singen gedacht, mit Strophen und Refrain:
„Da in Schierke möcht‘ ich leben, dort in Schierke möcht‘ ich sein. Denn dort wachsen keine Reben, aber Schierker Feuerstein.“ ;-)

Das andere hingegen weniger feuchtfröhlich, sondern tief ins Herz gehend in seiner schlichten, echten Heimatliebe: ein Gedicht über den Brocken, geschrieben von Brockenförster Koch mit insgesamt elf Strophen – eine soll hier zitiert werden, das gesamte Gedicht dann am Ende des Beitrags.
„Bewacht von Nix und Elfen ist hier der Zauberwald.
Und Menschenreichs Verwirrung und Sorgen fallen bald.“

Feuersteinklippen

Feuersteinklippen

Aus dem Menschenreich der Gaststätte heraus gehen wir frisch gestärkt über die Gleise, ein kurzes Stück parallel daran entlang, dann rechts hinauf zu den imposanten granitenen Feuersteinklippen, die teilweise einem riesigen Trollkopf ähneln – ein Wahrzeichen von Schierke. Die Bezeichnung dieser Klippen geht auf Feuer zurück, die auf den Schierker Feuersteinwiesen in früherer Zeit zu kultischen Zwecken entzündet wurden (Osterfeuer) (2). Auch diese Klippen hat Goethe im September 1784 zu geologischen Forschungen besucht. Nachdem wir sie ausführlich bewundert haben, gehen wir weiter nach links, passieren eine Skihütte und steigen hinauf bis zu den Felsentürmen des Ahrensklint Früher: Arneklint = Adlerfels), die wieder über eine Eisenleiter für Besucher zugänglich gemacht wurden.

Gesäumt von Heidelbeersträuchern, mündet unser Pfad auf den Glashüttenweg, dem wir nach Osten folgen. An der nächsten Weggabelung folgen wir nicht den Schildern, die Richtung Schierke und Erdbeerkopf weisen, sondern umrunden den moorigen Erdbeerkopf nördlich in Richtung Spinne. Schön führen uns Forststraße und Pfad bis zur besagten Weggabelung, an der wir wieder auf den Glashüttenweg treffen. Schon ein kurzes Stück später zweigt eine Forststraße nach rechts Richtung Elend ab: unser Rückweg. Ihr folgen wir auf Kies bergab durch den Wald, bis sich dieser an einer Gruppe von Ruhebänken mit Schutzhütte (der „Quesenbank“) zu einer wunderbaren Aussicht über Weideflächen und weiter entfernte Harzberge öffnet. Wir genießen die Aussicht und rasten ein wenig; dann folgen wir der Forststraße weiter bis zum Stern, an dem wir auf die Fahrstraße zwischen Wernigerode und Schierke treffen.

Ahrensklint

Ahrensklint

Diese überqueren wir, gehen auf den Eingang des Campingplatzes zu und rechts von diesem auf steinigem Pfad direkt am Zaun bergab. Dieser Pfad wiederum mündet auf eine neuangelegte Straße an einem neuangelegten Ferienpark; hier gehen wir nach links wieder in den Wald hinein und passieren den Aussichtspunkt Helenenruh mit Schutzhütte. Nun geht es auf schmalem, steinigem Pfad immerzu geradeaus den Berg hinunter; die Fahrstraße zwischen Elend und Schierke wird dabei zweimal gequert. Schließlich stehen wir unten im Tal vor der über 200 Jahre alten Talwächterfichte, gehen unter der Bahnlinie hindurch und sind wieder in Elend angelangt.

Holzkirche in Elend - kleinste Holzkirche Deutschlands

Holzkirche in Elend – kleinste Holzkirche Deutschlands


(1) Infotafel an den Schnarcherklippen
(2) Infotafel an den Feuersteinklippen

Gedicht des Brockenförsters Koch (Jahr der Entstehung mir nicht bekannt; dessen 50jähriges Dienstjubiläum war im Jahre 1914)

Der Brocken

Ich kenn in deutschen Landen ein schönes Märchenreich
Verzaubert in den Bergen, kein Kleinod kommt ihm gleich.

Da herrscht ein stolzer König seit Anbeginn der Welt
Streckt weit hinaus das Zepter und bis zum Himmelszelt.

Es neigen in der Runde an Vielmillionenzahl
Die Fichten ihre Kronen und steh’n im Sonnenstrahl.

Der König ist der Brocken, er thront auf Felsgestein
Und alle Erdenzeiten umschließt der Nebel ein.

Er träumt von Meereswellen, die seine Flanken umspült
Und von den Palmenhainen, deren lieblich Lied er gefühlt.

Gedenkt der Gletschermassen, denen Einhalt er einst gebot
Und sinnt über Mammut und Ur und über des Höhlenbären Tod.

Der Steinzeit‘ Menschen vergingen, verblichen ist ihr Tun
Und nur noch Wasser springen aus seinem Schoße nun.

Es braust Prinzessin Ilse durch‘s klippige Gestein
Und Ecker und Bode fallen in ihre Weise ein.

Sie grüßen den Vater Brocken und raunen von seiner Macht
Sie künden in der Eb’ne von Sturm und Urwaldspracht.

Das Märchenreich des Brocken begeistert immerdar
Und seine Felsen locken der Erde Kinderschar.

Bewacht von Nix und Elfen ist hier der Zauberwald
Und Menschenreichs Verwirrung und Sorgen fallen bald.

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