Hahnenkleeklippen

Naturmythenpfad

Naturmythenpfad

15.07.2014: Königskrug – Hahnenkleeklippen – Silberteich – Naturmythenpfad – Forellenteich – Kapellenfleck – Lausebuche – Gaststätte Rinderstall – Odertal – Planweg – Königskrug

Heute parke ich in Königskrug, quere zunächst die B242 und wandere an einzelnen Häusern vorbei nach Süden in den Wald hinein. Eine geschotterte Forststraße führt immer geradeaus, bis nach etwa einem Kilometer zur Rechten ein schmaler Pfad zum Aussichtspunkt über den Hahnenkleeklippen führt. Schon nach wenigen Metern hat man die Klippen erreicht und kann über die felsigen Formationen hinab ins Odertal blicken, in dem ich später zurückwandern werde. Das Flüßchen Oder ist nicht zu verwechseln mit dem Fluß Oder ganz im Osten der Bundesrepublik; es handelt sich hierbei um einen Zufluß der Rhume. Wunderschön ist diese Aussicht über die Harzhöhen, und hier an den Klippen ist zudem ein sehr idyllischer, etwas abgelegener Platz für eine Rast oder ein Picknick. Allerdings habe ich die Wanderung ja gerade erst begonnen, kehre zurück auf die Forststraße und wandere auf ihr weiter geradeaus. Hin und wieder sind Schmetterlinge sichtbar, so etwa der Weißbindige Mohrenfalter. Neben Schmetterlingen schwärmen auch einige Schulklassen umher, offensichtlich hat heute mindestens eine Schule Wandertag – der Harz ist aber weiträumig genug, daß die Begegnungen nicht überhand nehmen. Wald wechselt mit Lichtungen, vermutlich durch Kahlschlag entstanden, ab und erlaubt so einen abwechslungsreichen Blick in die Ferne.

Weißbindiger Mohrenfalter - Erebia ligea

Weißbindiger Mohrenfalter – Erebia ligea

Ausblick von den Hahnenkleeklippen auf das Odertal

Ausblick von den Hahnenkleeklippen auf das Odertal

Am Silberteich

Am Silberteich

Nach einiger Zeit ertönt Lärm von Forstarbeiten und fallenden Bäumen herüber, genau aus der Richtung, in die ich gehen möchte. Ich befürchte schon, die Wanderung abbrechen oder mir umständliche Alternativwege suchen zu müssen, aber ich habe Glück: die von mir ausgesuchten Wanderwege führen um die Forstarbeiten herum. So gehe ich hocherfreut nach links zum Silberteich, einem kleinen Waldgewässer. Interessiert betrachtet mich aus dem Gebüsch heraus ein Rotkehlchen, sonst bleibt alles ganz still. Wie ein Kunstwerk beherbergt ein im Wasser stehender Baumstumpf eine junge Birke und ein paar Fichten, eine filigrane Insel bildend.

Rotkehlchen - Erithacus rubecula

Rotkehlchen – Erithacus rubecula

Silberteich

Silberteich

Nachdem ich den Silberteich passiert habe, zweigt nach Südosten der Naturmythenpfad entlang des Brunnenbachs ab, der an dieser Stelle für Kinder angelegt wurde. Volkslieder auf hölzernen Büchern und Wissenswertes über die Natur sind in Spielgeräte integriert; man hat sich hiermit sehr viel Mühe gegeben. Am Wegrand entdecke ich hin und wieder eine Orchidee, und auch Schmetterlinge haben sich zahlreich eingefunden. Ruhig gaukelt ein großer orangefarbener Kaisermantel über Blüten hinweg und läßt sich sogar fotografieren. Ein schattiger Pfad führt durch Gebüsch an Holzstelen vorbei, die die enge Verbindung von Wald und Germanentum bzw. deutscher Kultur und Landesbewirtschaftung betonen. Am Ende steht die Aufforderung, darüber nachzudenken, wie der eigene, persönliche Mythos vom Wald aussieht. Insgesamt erweist sich der Naturmythenpfad als sehr erfreuliche Einrichtung.

Naturmythenpfad

Naturmythenpfad

Kaisermantel - Argynnis paphia

Kaisermantel – Argynnis paphia

Dann verlasse ich den Naturmythenpfad, wandere auf einem Wiesenweg vorbei am Haus Waldmühle, einer Mutter-Kind-Klinik der Caritas, und quere die B27. Auf der anderen Seite der Bundesstraße führt ein Asphaltweg zum Forellenteich mit zugehörigem Café, heute jedoch geschlossen. Hinter dem Cafégebäude führt eine geschotterte Forststraße durch ein Naturschutzgebiet bergauf bis zum Bett des Großen Kronenbachs, an dem entlang mein Weg nach Westen führt, jetzt wieder beinahe eben. Schließlich erreiche ich wieder eine größere Forststraße, den Kaiserweg, und wandere auf ihm bergauf nach Süden. Etwa einen Kilometer später habe ich den Kapellenfleck erreicht, einen netten Rastplatz im Wald. Der Weg wird von zahlreichen blühenden Disteln gesäumt – nichts Nettes, denkt man sich gemeinhin, doch Distelblüten sind bei näherer Betrachtung etwas sehr Schönes und haben noch einen weiteren Pluspunkt: sie ziehen Schmetterlinge an wie kaum eine andere Pflanze. Der Artenreichtum an Schmetterlingen ist hier denn auch wirklich enorm groß.

Kleiner Kohlweißling - Pieris rapae

Kleiner Kohlweißling – Pieris rapae

Schwarzkolbiger Dickkopffalter - Thymelicus lineola

Schwarzkolbiger Dickkopffalter – Thymelicus lineola

Am Kapellenfleck stand einst, wie der Name schon sagt, eine steinerne Kapelle, die als Nachtquartier für Reisende gedient haben soll. Es wird auch erwogen, ob sie als Wechselstation für Zuggespanne gedient hat; vielleicht wurde auch die umliegende Bevölkerung von hier aus geistig betreut. Sie gehört zu den wenigen steinernen Sakralbauten, die aus mitteralterlicher Zeit aus dem Harz bekannt sind. Heute jedoch ist nur eine distelbestandene Lichtung mit Infotafel für den Besucher sichtbar. Um 1444 übernahm ein anderer Sakralbau die Funktion der Kapelle am heutigen Kapellenfleck; dieser war durch Wegelagerer zu unsicher geworden, und die Kapelle verfiel. Um den Kapellenfleck ranken sich bis heute verschiedene Harzsagen. So soll einst ein böser Abt – sein Name soll Berthold gewesen sein, man merke sich dies – eine edle Jungfrau während der Abwesenheit ihres ritterlichen Vaters entführt und im Kloster Walkenried gefangengehalten haben. Lange suchten ihr Vater und ihr Verlobter nach ihr, bis sie in der Kapelle St. Maria im Wald vom dortigen Marienbild die Botschaft erhielten, wo sie zu finden und zu befreien sei. Eilig ritten die beiden dorthin und fanden das Mädchen wirklich dort festgehalten. Der Abt selbst sollte am nächsten Morgen eine Messe in eben jener Waldkapelle halten, so dass die beiden Ritter wieder dorthin ritten und von ihm Rechenschaft einforderten. Der Abt belegte sie mit einem Fluch, und schon drohten sie im Kampf gegen dessen Getreue zu unterliegen, da kam ihnen abermals das Marienbildnis zu Hilfe. Das Marienbildnis soll zur Heiligen Jungfrau selbst geworden sein und die Ritter aus der Menge hinweggeführt haben. Die Kapelle jedoch versank samt des Abtes und seiner Getreuen im Erdboden – an der Stelle, an der sich heute der Kapellenfleck befindet. Die Heilige Jungfrau jedoch wurde an anderer Stelle wieder zu dem Marienbildnis, das sie ursprünglich gewesen war, und die geretteten Ritter bauten ihm zu Ehren eine neue Kapelle am neuen Ort – nicht mehr bei Braunlage, sondern bei Hohegeiß. Die alte Kapelle samt Abt und sündenvoller Menschenmenge soll seitdem immer wieder Wanderern, vorzugsweise bei Nacht, spukhaft erschienen sein. Einige daraus hervorgegangene Sagen samt der schön ausgestalteten Ursprungssage finden sich frei zugänglich im Netz: Sagenbuch des Preußischen Staates, Erster Band.

Zitronenfalter - Gonepteryx rhamni

Zitronenfalter – Gonepteryx rhamni

Talwächterfichte

Talwächterfichte

Von solcher Düsterkeit ist heute jedoch nichts zu spüren; die Sonne scheint warm und hell, und bunt schaukeln Schmetterlinge über den Weg hinweg: Mohrenfalter, Dukatenfalter, Weißlinge, Zitronenfalter, Braune Waldvögel, Tagpfauenaugen, Schwarzkolbige Dickkopffalter – eine luftige, bunte Vielfalt. Dabei mache ich die Beobachtung, daß beinahe alle Tagfalter, wenn sie auf einer Blüte sitzen, die Flügel immer wieder weit auseinanderklappen und in voller Pracht sichtbar sind – mit einer Ausnahme. Der Zitronenfalter klappt nach der Landung sofort seine Flügel zusammen und breitet sie erst beim Abflug wieder aus. Vom Kapellenfleck wandere ich zurück zum Parkplatz Lausebuche, quere dort erneut die B27 und wandere durch lichten Wald mit Lichtungen hügelaufwärts, bis eine Forststraße nach Westen und hangabwärts ins Odertal und zur Gaststätte Rinderstall abzweigt.

Admiral - Vanessa atalanta

Admiral – Vanessa atalanta

Im Odertal

Im Odertal

Im Odertal wandere ich nun – leider auf Asphalt – immer geradeaus nach Norden an dem Flüßchen Oder entlang, bis zum Oderteich sind es etwa 6 km. Die Gaststätte Rinderstall liegt ein wenig abseits des Weges und erinnert an eine bayerische Almhütte. Auf den Wiesen davor wächst eine riesige, einzelstehende Talwächterfichte. Weiter führt der Weg auf Asphalt durch eine idyllische Landschaft, bis am rechten Hang die Hahnenkleeklippen von heute morgen – diesmal von unten gesehen – sichtbar werden. Hoch über dem Tal thronen sie, auf ihnen befindliche Menschen werden nur als Punkte sichtbar. Glücklicherweise geht hier der Asphalt endlich in Schotter über.

Licht- und Schattenspiele im Odertal

Licht- und Schattenspiele im Odertal

Geröll im Odertal

Geröll im Odertal

Immer enger wird das Tal, je weiter ich bergaufwärts wandere, immer näher rückt der Hang zur Rechten. Abgänge großkantigen Steinschuttes sind unter dem Wald sichtbar und bilden ganze Geröllhänge. Fröhlich plätschert das Flüßchen zur Rechten. Der Weg ist durchgängig besonnt, was sich in der starken Sommersonne durchaus physisch bemerkbar macht. Weiter oben zeigen sich im Wald mit durchscheinenden Sonnenstrahlen idyllische Licht- und Schattenspiele. Endlich habe ich die Anhöhe erreicht; wer möchte, kann noch ein kurzes Stück weiter geradeaus gehen und den Oderteich erreichen, der ein beliebter Badesee ist. Ich jedoch habe für heute genug und wandere fast eben auf dem Planweg nach Königskrug zurück, nicht ohne noch ein paar letzte schöne Ausblicke über die Hänge des Odertals zu erhaschen.

Am Planweg

Am Planweg

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